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Meinhardt: "Mehr Gedenken, mehr Gemeinsinn, mehr Urteil, mehr Charakter!"

Politik
  • Erstellt: 26.06.2022 / 09:15 Uhr von Stadtpolitik
Die FDP hat die Rede veröffentlicht, die ihr Kreisvorsitzender Patrick Meinhardt anlässlich der Gedenkveranstaltung für Walther Rathenau am Freitag gehalten hat und dazu folgende Erklärung abgegeben: "Ein Zeichen hoher demokratischer Verbundenheit ist es, dass Brandenburg an der Havel in einer offiziellen Gedenkveranstaltung der Stadt den liberalen Außenminister der Weimarer Republik Walther Rathenau gewürdigt hat. 
Heute vor 100 Jahren wurde Walther Rathenau auf offener Straße von Rechtsextremisten erschossen." 
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Und weiter: “Am Walther-Rathenau-Platz durfte unser FDP-Kreisvorsitzender und Präsident der DGLI Brandenburg, Patrick Meinhardt nach der Eröffnung durch Bürgermeister Michael Müller, umrahmt durch das Bläserquartett der Brandenburger Symphoniker und unterstützt durch den Vortrag von Presseartikeln durch Schüler der von Saldern Schule die Gedenkrede auf diesen großen Demokraten, Diplomaten und (Vor-) Denker halten. Und zusammen mit unserem Fraktionsvorsitzenden Herbert Nowotny legten wir in einem Moment der Stille am Gedenkstein einen Blumengruß nieder.”

Die dann folgende Rede:
„Das war ein Attentat auf Walther Rathenau,
aber viel mehr war das ein Attentat auf Deutschland!“
So der sozialdemokratische Reichspräsident Friedrich Ebert bei seiner vielbeachteten Traueransprache auf Walther Rathenau:
* Auf einen leidenschaftlichen Republikaner der ersten Stunde
* Auf einen der Hoffnungsträger der noch jungen Demokratie auf deutschem Boden
* Auf einen der Märtyrer der Weimarer Republik, wie er inzwischen in vielen historischen Berichten - zurecht, wie ich meine - bezeichnet wird.

Liebe Brandenburgerinnen und Brandenburger,
sehr geehrter Herr Bürgermeister Müller,
werte Ehrengäste und Stadtverordnete,
liebe Blechbläser der Brandenburger Symphoniker,
lieber Schüler und Schülerinnen der Klasse 9L des von Saldern-Gymnasiums,
am Abend des 23. Juni 1922 kam Walther Rathenau, der erst am 31. Januar desselben Jahres zum Aussenminister ernannt wurde, mit einem der größten Industriellen der damaligen Zeit, Hugo Stinnes, und dem amerikanischen Botschafter Alanson Houghton zusammen, um bis in die frühen Morgenstunden über die Frage der Reparationen aber auch des Verhältnisses von Deutschland zu den Vereinigten Staaten nur vier Jahre nach Ende des 1. Weltkrieges zu konferieren.

In die nur 18 Wochen seit seiner Ernennung fallen der Rapallo-Vertrag mit Russland, neue diplomatische Kanäle nach Frankreich, erste neue Schritte mit Amerika.

Dieser Walther Rathenau, hatte nun - wie der Historiker Lothar Gall es nannte - eine WIRKMÄCHTIGE Position inne.

Dieser Walther Rathenau war als Demokrat, Diplomat und ( Vor- ) Denker in so kurzer Zeit ein Brückenbauer, ein Konstrukteur von vertrauensbildenden Massnahmen, eine Gestaltungspersönlichkeit geworden, die zu einer der prägenden Staatsmänner der Weimarer Republik hätte werden können. Dieser Walther Rathenau wollte endlich Stabilität in die Aussenpolitik Deutschlands bringen, denn von Februar 1919 bis zum Januar 1922 hatte die Weimarer Republik schon acht Aussenminister verschlissen.
Und dann kam heute vor 100 Jahren der 24. Juni 1922.
Es war Samstag.
Die Nacht war lang – bis in die frühen Morgenstunden.
Und – so überliefert man – es soll ein entscheidender Schritt im Verhältnis mit der USA gelungen sein. Eigentlich, ja eigentlich hätte der Aussenminister der Weimarer Republik zu Hause bleiben können. Es gab nur einen Termin im Auswärtigen Amt in Berlin.
Da er aber Zeit seines Lebens die Bildung und die Ausbildung junger Menschen als ein Herzensthema hatte und darum wusste, wie wichtig gerade persönliche Beziehungen in der Diplomatie sind, wie wichtig es ist, junge Menschen zu motivieren, zu begeistern, ihnen von Anfang an Vertrauen entgegenzubringen und Verantwortung zu übergeben, wollte er bei der Prüfung der Konsularanwärter anwesend sein – ohne aktiven Part.

Es ist 10.45 Uhr:
Walther Rathenau steigt in Berlin-Grunewald in der Königsallee 65 in den Fond seines offenen Cabriolets ein. Polizeischutz lehnt er ab.
Augenzeugen berichteten, wie er mit einer Zigarre in der Hand fröhlich die Menschen grüßend, die ihn erkannten, da er ja die Überschriften und Fotos der Tageszeitungen dominierte, von seinem Chauffeur durch die Straßen gefahren wurde.
So als ob er eine Ahnung in sich hatte, erklärte er Journalisten noch einige Tage zuvor: „Was sein wird, wird sein! Ich habe eine Aufgabe zu erfüllen – vielleicht nicht zu vollenden!“
Aber sicher dachte er nicht, dass sich seine Aussage nur kurze Zeit später auf so schreckliche Art und Weise bewahrheiten würde.

Es ist kurz vor 11.00 Uhr:
An der Kreuzung Erdener Straße/ Wallotstra´e musste der Chauffeur wegen einer Kurve abbremsen. Ein offener Mercedes-Tourenwagen setzte zum Überholen an:
* mit dem 20-jährigen Studenten Ernst Werner Techow am Steuer.
* Der 23-jährige Student Erwin Kern feuerte mit einer Maschinenpistole MP 18 auf den Aussenminister,
* der 26-jährige Maschinenbauingenieur Hermann Fischer warf eine Handgranate in den Wagen.

Die rechtsextemistischen Attentäter der Organisation Consul, die mit politischen Attentaten die Weimarer Republik zum Zusammenbruch bringen wollten, hatten an diesem Morgen Erfolg.

Es ist kurz nach 11.00 Uhr:
Walther Rathenau erliegt blutüberströmt seinen Verletzungen. Jede Hilfe kommt zu spät.
Er wurde 54 Jahre alt.

Es ist 12.00 Uhr:
Die Nachricht von der Ermordung Walther Rathenaus geht wie ein Lauffeuer durch Berlin, durch Brandenburg, durch ganz Deutschland.
Hundertausende gehen auf die Straße, im Parlament kommt es zu tumultartigen Zuständen - der Hoffnungsträger ist ermordet, der Mann, den viele schon als kommenden Reichskanzler sahen.
Der amtierende Reichskanzler Joseph Wirth von der Zentrumspartei ergreift das Wort und ruft aus dem Moment der Trauer heraus ganz im Sinne des vernunftorientierten Rathenau den Bürgerinnen und Bürger der Weimarer Republik zu:
„In jeder Stunde, meine Damen und Herren, Demokratie!
Aber nicht Demokratie, die auf den Tisch schlägt und sagt: wir sind an der Macht!
Nein – sondern jene Demokratie, die geduldig in jeder Lage für das eigene unglückliche Vaterland eine Förderung der Freiheit sucht!
In diesem Sinne, meine Damen und Herren, Mitarbeit!“
Demokratie, Freiheit, Mitarbeit!
Walther Rathenau wird zur Symbolfigur für Demokratie und Freiheit.

Es ist ein Monat später.
Der 24. Juli 1922:
Die Stadtverordnetenversammlung von Brandenburg an der Havel beschließt das Lebenswerk des ermordeten Aussenministers zu würdigen und gibt diesem Park nur vier Wochen nach dem Attentat den Namen Walther-Rathenau-Platz. Und auch wenn während der Nazizeit daraus wieder der Kaiser-Otto-Ring wurde, heißt der Platz wieder seit 1945 nach Walther Rathenau.

Es ist der 24. Juni 2022:
Walther Rathenau, der ein Förderer der Begabungen junger Menschen, der Künste, der Musik, der Literatur war, der Demokrat, Diplomat und Denker war, hätte seine Freude an dieser Gedenkveranstaltung hier in an diesem begnadeten Stückchen Erde zusammen mit den Blechbläsern der Brandenburger Symphoniker und den Schülerinnen und Schülern des von Saldern Gymnasiums.

Es ist der 24. Juni 2024:
Jetzt kommt der Wunsch. Die Stadt Brandenburg hat entschieden an jedem 24. Juni am Walther-Rathenau-Platz im Gedenken und der Würdigung des großen Aussenministers der Weimarer Republik einen eine Tag der Demokratie und Freiheit zu begehen.
Dafür orientieren wir uns an dem Neujahrswunsch von Walther Rathenau, den er im Wechsel des Jahres 1921 auf 1922 verfasst hat:
Weniger Rede – mehr Gedenken
Weniger Interessen – mehr Gemeinsinn
Weniger Wissen – mehr Urteil
Weniger Zwiespalt – mehr Charakter!
Mehr Gedenken, mehr Gemeinsinn, mehr Urteil, mehr Charakter!
Vier beachtliche Leitmotive für mehr Demokratie und mehr Freiheit.
Vielen Dank für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit!"


Hinweis: Politische Pressemitteilungen gibt der Meetingpoint als Komplettzitate wieder; unsere Leser sollen sich eine eigene Meinung zu den Äußerungen unserer Politiker machen - ohne wertende Meinungen der Redaktion. Die Redaktion distanziert sich ausdrücklich von den zitierten Inhalten/Aussagen und macht sie sich nicht zu eigen.

Bilder

Quelle: FDP
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