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"Was wir hier machen, ist der Königsweg": 5 Fragen an Havelmi-Vorstand Paavo Günther

Interview
  • Erstellt: 19.02.2022 / 16:01 Uhr von Antje Preuschoff
Havelmi ist in vieler Munde. Wortwörtlich, denn der regionale Haferdrink kommt hier an. Ende vergangenen Jahres ist die junge Genossenschaft von Ketzür nach Brandenburg gezogen. Im Gespräch erzählt Mit-Gründer und geschäftsführender Vorstand Paavo Günther was sie zu dem Schritt bewogen hat, was den Brandenburger Haferdrink so besonders macht und was noch von Havelmi zu erwarten ist.
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Meetingpoint: Herr Günther, Havelmi hat im Juli 2020 den ersten regional produzierten Haferdrink im Land Brandenburg auf den Markt gebracht. Wie kam es dazu?
Pavoo Günther: Wir – die Gründer – wollten etwas für die enkeltaugliche und bedürfnisorientierte Ernährung tun. Das mit dem Haferdrink hat sich ergeben, weil Milch ein Grundnahrungsmittel ist und die Milchindustrie eine sehr große Macht hat. Wenn man sich den ökologischen Fußabdruck von Kuhmilch und Haferdrinks anguckt, ist es - vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeit – jedoch wesentlich sinnvoller auf Hafermilch zu setzen.
Dabei ist das, was wir hier machen, der Königsweg. Wir nehmen regionale Zutaten, haben einen regionalen Vertrieb, eine Mehrweglösung mit den Glasflaschen und versuchen, alles so ressourcenschonend wie möglich zu produzieren und abzuwickeln.
Seit März 2021 haben wir als zweites Produkt den Haferkakao im Angebot, eine logische Konsequenz aus der Produktion von Hafermilch. Den Rohkakao dafür beziehen wir von fairafric, einem der wenigen Schokoladenhersteller, der in Afrika direkt produziert.
Der Kakao macht bisher etwa 15 bis 20 Prozent des Umsatzes aus. Der Haferdrink bleibt das weitaus stärker nachgefragte Produkt.
Was ist die Herausforderung dabei, einen guten Haferdrink zu produzieren?
Paavo Günther: Ziel bei Milchalternativen ist es, den Geschmack von Kuhmilch zu imitieren oder sogar zu verbessern. Es gilt, auf die Textur zu achten, also einen möglichst vollmundigen Geschmack hinzubekommen. Dazu muss man auf Fettgehalt, Kohlenhydrate und Eiweißgehalt schauen. Und ein Haferdrink ist immer etwas süßer, weil Enzyme hinzugeführt werden. Die sorgen dafür, dass die Inhaltsstoffe nicht verschleimen.
Die Frage nach der großen Mengenproduktion lässt sich außerdem nicht so einfach beantworten. Es gibt keinen Hersteller für Maschinen für die Haferdrinkproduktion, wir haben uns das selbst zusammengestellt. Bis drei Monate vor Markteintritt haben wir nur mit dem Thermomix zuhause alles probiert. Die finale Entwicklung ist also erst in den zwölf Wochen vor der Markteinführung passiert.
Wie glücklich sind Sie – und die Kunden – mit dem Ergebnis?
Paavo Günther: Es gibt sehr viele Leute, die meinen, es ist der beste Haferdrink, den sie je getrunken haben. Ich meine außerdem, man merkt auf jeden Fall die Frische. Es ist ein Unterschied, ob ein Produkt ultrahocherhitzt oder nur pasteurisiert wird, wie wir das machen.
Wir sind insgesamt der Ansicht, Havelmi erfüllt auf jeden Fall die Anforderungen, die an Kuhmilch gestellt werden. Der Drink schäumt sogar besser, sowohl kalt als auch heiß. Man kann ihn zum Kochen und Backen verwenden. Er ist nahezu glutenfrei, ausschließlich aus regionalen Zutaten, vegan, biolandzertifiziert.
Havelmi ist im Spätherbst 2021 von Ketzür nach Brandenburg gezogen. Was war der Grund dafür?
Paavo Günther: Bei der Markteinführung haben wir in der Mostmanufaktur Havelland in Ketzür produziert. Da war das Problem, dass zwischen Ende Juli bis Oktober die Lohnmost-Saison stattfindet. Also der Raum, in dem wir produziert haben, von Montag bis Freitag belegt war, so dass wir immer nur am Wochenende produzieren konnten. Das hat zum einen unsere Mengen stark limitiert, zum anderen hätte das Nebeneinander von Saft- und Haferdrinkproduktion auch Auswirkungen auf die Produktqualität haben können. Deswegen wollten wir umziehen und haben uns letztendlich für das Kühlhaus der ehemaligen Wurstfabrik Höll im Handwerkerhof entschieden.
War es die richtige Entscheidung?
Paavo Günther: Von der Gebäudeinfrastruktur auf jeden Fall. Die Halle muss allerdings umgebaut werden, da es vorher ein Kühlhaus gewesen ist. Der Umbau dient auch dazu, Kosten zu reduzieren. Aktuell fassen wir jede Flasche fünf bis sieben Mal an und das ist einfach ineffizient. Zukünftig wollen wir einen höheren Grad an Automation haben.
Für den Umbau suchen wir noch einen Bauleiter, der das Vorhaben für ein Dreivierteljahr begleitet. Er muss die Gewerke vor Ort koordinieren, sie abnehmen und damit umgehen können, dass die Produktion nebenher abgewickelt wird. Die Bauleitung kann gerne auch ein Rentner übernehmen, der eine neue Herausforderung sucht. Erfahrung im Bau ist nur wichtig.
Entstehen soll dabei ein Hofladen. Dafür ist die Lage in Brandenburg super. Für den Großhandel, die Lieferanten und die Mitarbeiter ist es jetzt schon besser, als zuvor. Aber wenn das noch ein Anlaufpunkt für Endkunden wird und nicht nur eine anonyme Produktionshalle im Industriegebiet bleibt, wird sich das noch mehr rentieren. Wir hoffen, den Laden bis Ende des Jahres eröffnen zu können.

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