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Vom Rampenlicht in die Bildungspolitik: Wie Julia Schneider jetzt für Sport und Reformen im Lehrberuf eintritt

Interview
  • Erstellt: 09.04.2024 / 19:01 Uhr von Antonia Wünschmann
Die gebürtige Brandenburgerin Julia Schneider steht auch nach der Zeit bei Miss Germany nicht still. Die Mathe- und Sportlehrerin nutzt den Rückenwind, den sie Ende Februar als Vize-Miss-Germany gewonnen hat und kämpft weiter für ihre Mission, das deutsche Bildungssystem zu revolutionieren. “Ganz so einfach ist das aber nicht und ich bin momentan etwas von den Strukturen in diesem System genervt”, berichtet die Vorsitzende der Deutschen Turnerjugend, die morgen in zwei Fachgesprächen im Deutschen Bundestag angehört wird. Meetingpoint-Redakteurin Antonia Wünschmann hat mit ihr über ihre aktuellen Herausforderungen gesprochen und sie nach den Botschaften gefragt, die sie morgen im Bundestag vermitteln will.

Antonia Wünschmann: Wie ist es dir seit dem Miss Germany Finale am 24. Februar ergangen?
Julia Schneider: Sehr gut. Ich war völlig überwältigt über den großen Zuspruch. Es gab danach noch einen größeren Artikel in der FAZ und das hat dazu geführt, dass sich viele Menschen gemeldet haben, die mich motiviert haben, weiterzumachen. Zum anderen aber auch Anfragen für diverse Podcast-Formate. Zum Beispiel war ich letzte Woche Freitag bei Daniel Jung. Ich glaub jeder der irgendwie Mathe-Abitur gemacht hat, kennt seine Lernvideos. Das ist schon cool mit solchen Leuten jetzt zusammenzuarbeiten. Ich bin gerade auch dabei zu schauen, wie ich mich beruflich noch verändern kann. Das ist als Lebenszeit-Verbeamtete leider nicht ganz so einfach, weil ich mich gerne auch freiberuflich dem Thema widmen will.

Wie sehen die Herausforderungen da konkret für dich aus für eine berufliche Veränderung?
Ich will mir gerne Ressourcen frei schaufeln und als Lehrerin in Teilzeit gehen, sodass ich mich dem Thema Bildung noch etwas intensiver widmen kann. Aber das ist aufgrund meiner Fächerkombination Mathe und Sport gerade ein bisschen schwierig. Ich muss hoffen, dass meine Schulleitung da jetzt mitspielt und meinen Teilzeitantrag genehmigt. Das ist aber gerade etwas schwierig, weil ich mit Mathe ein Fach habe, das super gebraucht wird in der Schule, was ich organisatorisch auch total verstehe. Aber es stellt mich vor das Dilemma: ich will ja gar nicht raus aus dem System. Ich will jetzt nur gerade ein bisschen flexibler arbeiten und ein bisschen weniger.

Was wäre die Alternative, um dein Herzensthema voranzubringen?
Die Alternative wäre dann halt Kündigen. Das ist ja auch so ein bisschen das, was das System so starr macht und so unattraktiv für junge Lehrkräfte. Flexibilität ist in diesem System für Lehrkräfte nicht vorgesehen und das merke ich gerade am eigenen Leib, wie hart es ist, allein wenn es darum geht: ich würde gerne auf 55 Prozent reduzieren, darf aber mit meiner freiberuflichen Tätigkeit nicht mehr als 30 Prozent meines Jahreseinkommens verdienen. Das heißt, ich kann das, was ich reduziere, nicht durch meine freiberufliche Tätigkeit ausgleichen, weil ich auch nur maximal 8 Stunden zusätzlich arbeiten darf. Das sind alles so Vorschriften, wo du halt merkst, dass das System das nicht vorsieht und das finde ich extrem schade. Ich glaube da steckt unfassbar viel Potential drin. Es ist halt wie es ist. Ich muss jetzt gucken, ob ich beides hinbekomme oder wo ich meinen Schwerpunkt setze.

Wann werden wir da mehr erfahren?
Im Sommer wissen wir da schon mehr. Gerade ist es einfach nur nervig. Es belastet mich auch. Ich hätte da gern schon mehr Klarheit und will wissen, wie es weiter geht. Aber man ist da halt so abhängig von Entscheidungsstrukturen. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich das alles total entspannt finde.

Als Vorsitzende der Deutschen Turnerjugend sprichst du morgen in zwei Ausschüssen im Deutschen Bundestag. Wo bist du genau eingeladen?
Um 11 Uhr bin ich als Expertin geladen im Familienausschuss. Da geht es um das Thema „Gewalt im Sport an Kindern und Jugendlichen unter Berücksichtigung verschiedener Aspekte" und danach geht es um 15 Uhr los mit dem öffentlichen Fachgespräch der Kinderkommission des Deutschen Bundestages. Offizieller Titel ist da “Faktoren, die über Bildungs- und Entwicklungschancen entscheiden können - Sport und Freizeit” und da geht es vor allem um die Sport- und Vereinslandschaft und wie wir Kinder und Jugendliche erreichen können.

Was sind die Botschaften, die du da übermittelst?
In dem zweiten Ausschuss starten wir mit der Botschaft “Vereinssport darf kein Luxusgut werden”. Es geht um die Rahmenbedingungen, was die Corona-Pandemie gemacht hat. Die Zahlen der Mitglieder sinken. Wir haben zwei Generationen verloren, die einfach gar nicht erst in die Vereine eingetreten sind. Aufgrund der Inflation und vielen anderen Sachen werden Sportangebote immer teuer. Das ist auf der einen Seite gut, weil die Vereine es auch wert sind, aber das ist auf der anderen Seite schwierig, da die Kinder- und Jugendlichen aus sozio-ökonomisch schwächeren Familien weniger Zugang bekommen. Da müssen wir gucken, wie die Politik damit umgeht und Lösungen diskutieren. In dem ersten Ausschuss geht es um das Thema “Safe Sport”. Wir wollen dafür werben, dass Kinder und Jugendliche besonders schützenswert sind und der Sport mit entsprechend geförderten Schutzkonzepten einen sehr hohen Beitrag leisten kann.

Wer noch mehr über Julia Schneider hören will, hört mal in den Podcast aus der Sportwissenschaft “One and a half sportsmen” rein:
[Aus der Turnhalle auf die große Bühne - Vize-Miss Germany will Schule neu denken!].

Bilder

Julia Schneider (c) Laila Sieber
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